Thees, kannst du dich noch an dein erstes Konzert oder deinen ersten Clubbesuch erinnern?
Thees Uhlmann: Mein erstes Konzert waren die Toten Hosen. Die „Ein kleines bisschen Horrorschau“- Tour machte damals in Hamburg Station, in einem temporären Zirkuszelt namens „Macht der Nacht“. Es stand direkt neben der Müllverbrennungsanlage. Ich kann mich noch genau an den Geruch erinnern und ich dachte wirklich einfach, dass es der beste Geruch der Welt ist. Der erste Club war das Störtebeker in der Hafenstraße. Ich kannte das vorher nur aus dem Fernsehen und als ich dann dort war, habe ich sofort gedacht, dass das eine Sache ist, mit der ich lange etwas zu tun haben möchte. Ach, ich könnte stundenlang davon erzählen!
Dann bleiben wir doch beim Thema: Mit welchem Hamburger Club verbindest du die meisten Erinnerungen?
Uhlmann: Es gibt so viele Erinnerungen zwischen dem letzten Pfennig, dem Heinz Karmers Tanzcafé, dem Molotow, der Weltbühne, der Mutter und der Schilleroper.
Das Besondere ist: Ich war eigentlich immer in Clubs, in denen ich eine Entsprechung gefunden habe. Es gab immer Menschen, die man bewundern oder zu denen man aufblicken konnte. Die Kroschewski Brüder zum Beispiel. Ich hatte ihr Fanzine „Das Heft“ abonniert und plötzlich stand man in Kneipen neben ihnen und sie sagten zu einem „Hol mir mal einen Cola-Rum, du St. Pauli Wichser“. Das war aber irgendwie nicht als Beleidigung gemeint – was sie abstreiten würden – sondern als Manifestierung dieses „Hamburg Old School / doller als der Rest / wir boxen uns mit dem Leben und gucken, wie es zurück boxt“ Gedankens.
Welches deiner eigenen Konzerte in Hamburg wirst du nie vergessen?
Uhlmann: Der erste Auftritt von Tomte im Leon Cavallo Raum in der Roten Flora. Es war ein unfassbarer Erfolg, dass wir vom Dorf es geschafft hatten, dort spielen zu dürfen. Das war damals ein Hardcore Festival und wir waren die erste von 8 Bands. Ach so, darf ich es dann einmal sagen? FLORA BLEIBT!
Wenn du heute ausgehst, wohin verschlägt es dich dann?
Uhlmann: Ich versuche exklusiv alle Getränke, die ich in Hamburg zu mir nehme, in der Gaststätte „Jolly Roger“ zu mir zu nehmen.
Was, wenn deine heute acht Jahre alte Tochter in ein paar Jahren das erste Mal in einen Club will? Darf sie? Und was würdest du ihr mit auf den Weg geben?
Uhlmann: Ich würde sagen „Warte kurz, ich zieh mir schnell was anderes an. Fahr schon mal den Wagen vor. Ich komm mit!“
Wie würdest du die Hamburger Clublandschaft beschreiben?
Uhlmann: Ich denke, es gibt für jeden etwas, aber von den guten Sachen gibt es ein bisschen zu wenig. Ich würde mir eine gute, ruhige Kneipe wünschen, in der man einfach sabbeln kann und alle 15 Minuten zu dem Mensch, der Platten auflegt, hingehen möchte, um zu fragen, was er da gerade spielt.
Hast du in den letzten Jahren Veränderungen in der Clublandschaft wahrgenommen?
Uhlmann: Da muss man aufpassen, dass man nicht als alter Sack daher kommt, der das Vergangene romantisiert. Aber ich muss schon sagen, dass in meinen Augen gerade in der Gegend um die Reeperbahn eine Ballermanisierung um sich greift, die mir schon Sorgen macht. Mir kommt es so vor, dass Hamburg aufpassen muss, nicht die Dinge zu verlieren, wegen denen Menschen so gerne nach Hamburg kommen. Und es gibt Dinge zwischen Musical und Schlagermove, die nicht so offensichtlich sind, aber ohne die es Musical und Schlagermove gar nicht geben würde.
Wie siehst du die Zukunft der Hamburger Clublandschaft?
Uhlmann: Es gibt in meinen Augen so fünf bis acht Hamburger Kernclubs, die Hamburg definieren. Wenn ein paar davon schließen müssen, drehe ich durch. Das geht auch einfach nicht. Es kann nicht alles nur urban lifestyle for the Kosumentenmasse sein!
Wenn du Kultursenator wärst, was wäre deine erste Amtshandlung?
Uhlmann: Ich würde zehn Prozent des Budgets, mit dem die Elbphilharmonie gebaut wurde, nehmen, und sie unter kleinen, nachhaltigen, nicht auf Gewinnmaximierung orientierten Clubs verteilen. Und Thees Uhlmann für ein Jahr als Stadtschreiber engagieren. Hahahah!
Angenommen du hättest dann obendrauf auch noch im Lotto gewonnen – wen würdest du nach Hamburg holen und in welchen Club?
Uhlmann: Wenn Adam Yauch wieder leben würde, dann die Beastie Boys. Am liebsten in der Großen Freiheit 36.
Dein letztes Wort?
Uhlmann: Viele Grüße an alle, die das hier lesen!
ZUR PERSON
Thees Uhlmann wurde am 16. April 1974 in Hemmoor geboren. Schon während der Schulzeit gründete er die Band, aus der später Tomte hervorgingen. Tomtes Debütalbum erschien 1998, mit dem dritten Album „Hinter all diesen Fenstern“ gelang ihnen fünf Jahre später der Durchbruch. Nach dem fünften Album „Heureka“ (2008) nahm die Band eine Auszeit, die Uhlmann nutze, um zwei Soloalben zu veröffentlichen. „#2″ erreichte zuletzt Platz 2 der deutschen Charts. Über die Jahre hat Uhlmann für verschiedene Zeitungen und Magazine geschrieben und 1999 die Tocotronic Tourtagebücher „Wir könnten Freunde werden“ veröffentlicht.